Karli und Marli im Berühmten Wald
Eine jammervolle Umweltgeschichte
September 2002,
zuletzt bearbeitet am 4.1.2003
Liebe Kinder!
Wenn ich in der Geschichte etwas verändern oder ergänzen soll, dann schickt mir bitte eine mail
Vieleicht malt Ihr auch Bilder zur Geschichte?
Vielen Dank!
Viele Grüße - und viel Spaß beim Lesen! -
Angelika
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Endlich, nach endloslanger Zeit, als Karli und Marli die Hoffnung schon aufgeben wollten, jemals den RAT DER BÄUME zu erreichen, kamen sie an eine äußerst versteckte und verschwiegene Lichtung. <
Staunend glotzten Karli und Marli. Karli bohrte überwältigt in der Nase. Marlis Zungenspitze fuhr zwischen den Lippen hindurch bis zu ihrer Nasenspitze. Wotan sperrte weit das Schnäuzchen und die kugelrunden Kulleraugen auf. Oink! Oink! Ohhh! So etwas Beeindruckendes haben die meisten Erwachsenen noch nie gesehen. Ja, sie hätten es sich noch nicht einmal vorstellen können!
Baumriesen von unvorstellbarer Größe türmten sich vor den Menschenkindern und ihren Begleitern, in einem Kreis geordnet stehend, auf.
Aufmerksam glitten die Augen der kleinen Gruppe an einem gewaltigen Hünen nach dem anderen entlang.
Hier versammelten sich die ältesten, einmaligsten und altehrwürdigsten Herrschaften unter den Bäumen. Im Ring standen gigantischste Baumriesen. Sie maßen zwischen 30 und 70 Metern Länge. Die kleinsten waren Erle und Silberweide. Mit ihren 30 Metern glichen sie Hochhäusern mit zwölf Stockwerken. Die Eiche, dieser Baumgoliath, überragte die stattliche Gesellschaft mit ihren sensationellen 70 Metern Höhe haushoch. Sie war halb so groß wie der Berliner Funkturm. “Wenn man sie hinlegen würde, wäre sie so lang wie eine Aschenbahn. Wieviel Sekunden brauche ich für den 70 Meter-Lauf?” schoß es Karli durch den Kopf.
Samt und sonders waren diese Baumriesen einmalige, große Stars unter den Bäumen! Von der Spitze der Baumkronen aus gesehen, wo Vögel trällerten, schrumpften Karli und Marli auf Zwergengröße. Wotan sah aus wie ein putziges Spielzeugferkel. Ebenso der bibergroße, gute Geist <
Als erstes bestaunten Karli und Marli eine Sommereiche, die auch Stieleiche genannt wird. “Das ist Quércus róbur L., die Eike, die mit mir zusammen geboren wurde,” jubelte <
Der Stamm war so dick, daß eine Wohnung darin Platz finden würde, zwölf dreiviertel Meter im Durchmesser. Ein Rekord, fast doppelt so dick wie im allgemeinen alte Eichen werden können.
So fürchterlich betagte Eichen gibt es nur wenige. Die Bäume lieferten ein sehr begehrtes Holz, das nicht so schnell verrottet. Das benötigten die Menschen nicht nur, um beispielsweise Schiffe damit zu bauen, sondern sie bauten daraus sogar Fundamente für ganze Städte, nämlich Amsterdam und Venedig.
Alle Bäume hier hatten ein biblisches Höchstalter erreicht. Buche und Bergahorn waren die zweit- und drittältesten mit ihren 891 und 534 Jahren. 313 und 201 Jahre hatten Esche und Silberweide auf dem Buckel. Das Küken unter ihnen war die Erle mit ihren 111 Jahren.
Neben der ehrwürdigen Eiche stand seine nächste Verwandte, eine stolze Rotbuche mit glattem, silbergrauem Stamm. “Tirilux. Sie heißt Fágus sylvática,” summte <
"Warum ist dieser Stamm nicht grau-braun?" fragte Marli nachdenklich. "Diese Farbe hatte der Stamm der Buche, wo wir die Bucheckern gefunden hatten."
Dieses Rätsel konnte <
"So sehen junge Buchen aus. Tirilux. Mit zunehmendem Alter verändern sie die Farbe. Diese hier ist erheblik älter als der Baum vorhin."
"Warum nennt ihr eigentlik diese Buke Rotbuke?" röhrte "BROOOOOA-ROOOAAAAH!" <
Zu der Ratlosigkeit der Geschwister gesellte sich der Schreck. Die beiden mutigen Kinder zuckten zusammen, rissen Augen und Nase weit auf und hielten sich die Ohren zu. Der kraftvolle Ruf des Königs der Wälder war lauter, als wenn eine Feuerwehr mit ihrem Tatü Tata vorbeibraust. Wotan machte einen Riesensatz rückwärts und piekste sich an einem trocknen Ast, der aus dem Boden herausstak. Er quiekte aus voller Kehle vor Schmerz und Schreck, was im Röhren des Hirsches wie Flüstern unterging.
Als sie erkannt hatten, daß <
In die Kinder kehrte außer dem Leben auch das Denken zurück, das durch den Schreck wie zur Salzsäule erstarrt und wie ausgeknipstes Licht abgeschaltet war. "Tja, warum eigentlich?" überlegten sie. "Warum heißt diese Buche Rotbuche?"
Karli und Marli untersuchten den Baum. Er hatte keine roten Blätter; die haben nur die Blutbuchen. Sie schauten ratlos und stumm.
"Ihr Stamm verfärbt sik im Winter rötlich. Daher kommt der Name Rotbuke," röhrte <
Fagus sylvatica’s Nachbarin war eine Ulme, die auch Rüster heißt. Ihr Stamm war mit drei Metern Durchmesser etwa so dick wie ein Kinderzimmer.
Zwischen der Bergulme namens Ulmus glábra Huds. und sich erblickten Karli und Marli eine Erle. Ganz leicht außerhalb des Rings stand der Riese.
"Hat der einen Namen?" erkundigte sich Marli.
"Álnus glutinósa L.," flötete <
Links von ihnen erhob sich die Silberweide. Ihre Blätter waren durchweg silbrig behaart. Sálix álba L. hieß sie. Ihren Stamm schmückte sie mit langrissiger, gelbbrauner Borke. Er war hohl. Aber nicht wie eine leere Tonne. In ihm huschten scharenweise Insekten, und der Waldkauz (die Schnabelfarbe ist doch klar? Oder?) lugte mit großen, starren, honiggelben Augen heraus. “Huu u-huhuhuhu,” heulte er.
"Die Silberweide wurde 1999 zum Baum des Jahres von den Mensken gekürt," fiel <
Wotan wackelte mit seinen großen Schweineohren. Unverständlich fanden es die Kinder, die fragten:
"Warum?"
"Kuwik! Die Mensken sollen auf sie akt geben, damit sie nikt ausstirbt," gellte <
Nun kam der hohe Bergahorn. Ácer pseudoplatánus hieß er. Der Stamm wirkte dünn wie ein Streichholz, über dem sich die Krone erhob.
Die Esche Fráxinus excélsior L. schloß den Kreis. Der Stamm des Baums des Jahres 2001 hatte einen Durchmesser wie ein Lkw-Rad. Die samtschwarzen, zwiebelspitzen Knospen waren bereits seit Ende Juli für das nächste Jahr entwickelt. Zu ihren Verwandten zählten Flieder, Forsythie und Liguster, die sich unauffällig in ihrer Umgebung breit machten.
Die Germanen nannten die Esche "Weltenbaum", weil er Himmel und Erde zusammenfügt. Er war ein beliebter Baum auf Ritterburgen. Wehe, ein Mensch wagte es damals, zwei dieser Bäume zu fällen! Den Taugenichts ereilte unweigerlich die Todesstrafe.
Aus der Esche im RAT DER BÄUME holte gerade der Klapperstorch ein Kind. Das ölbaumgewächs war nicht nur von Unmengen krakelender Kinder besetzt, die sich hier tummelten wie Krähen auf ihrem Schlafbaum, sondern mittenmang saß die schielende Trude. Diese Dame sah aus wie ein feuerwehrroter, zerknitterter Lederhandschuh.
"Glaubt nicht, daß ich nett bin," begrüßte sie näselnd Karli und Marli, noch röter anlaufend. "Ich hexe euch Alpträume an, daß ihr euch nachts im Schlaf gruselt und angstschreiend aufwacht. Und dann habt ihr gräßliche Beulen und schlimme blaue Flecken."
Quercus robur, die majestätische Eiche, der älteste Baum in dieser ehrwürdigen, einmaligen, ruhigen Baumgesellschaft gebot mit seidig-dunkler Stimme:
"Mach hier keinen Streß, Trude." Die Kinder suchten nach dem Mund der Eiche. Sie entdeckten eine riesige Öffnung im Baum, die einem breiten, rotbraunen Riesenmund glich. Karlis und Marlis Augen wanderten am Stamm nach oben. Über einen breiten, knorrigen Nase mit weiten Nasenflügeln entdeckten sie gütige, aber sorgenvolle, katzengrüne Augen, die sich jetzt auf sie richteten.
Und dann:
"Und nun zu euch, liebe Kinder. Willkommen im Kreis der Hauptvertreter von Mutter Grün in Deutschland. Ihr seid beim RAT DER BÄUME angekommen. Was führt euch zu uns?"
"Wir wollen wissen, wie wir unsere Umgebung lebenswert erhalten können."
"Oh, das ist keine einfache Frage. Ich werde sie mit den anderen Bäumen besprechen. Wartet etwas. Ich ziehe mich mit meinen Kollegen zur Beratung zurück."
Es begann nun ein Murmeln und Flüstern, ein Rauschen und Raunen. Alle Bäume schienen durcheinander zu reden. Jedenfalls verstanden Karli und Marli kein einziges Wort.
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