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Prosa-Forum zu Berlin und Umwelt -
lyriek van natuur en Berlijn

Die Reise in den unbekannten Dschungel


November 2002

Wer eine Safarireise in einen unbekannten Dschungel unternimmt, ahnt möglicherweise nichts von Vektoren. Jedenfalls ging es so der alleinerziehenden, jungen, lebenslustigen Mutter Beate Richter. Sie kämpfte mit dem Reisefieber. Sie wünschte sich sehnsüchtigst - himmelherrgott-noch mal; das muß doch klappen! - eine Reise in die Tropen. Brasilien! Amazonas! In den Nationalpark Chapada dos Veadeiro - Goiás. Ja! Das war das Richtige! Da wollte sie hin. Gesagt, getan; eine Frau, ein Wort...
Beate schwelgte in den Prospekten. Ihr schmales Gesicht glühte rosig. Was würde sie alles erleben! Vor Aufregung wuschelte sie mit ihren schlanken Händen durch die blonden Engelslocken. Abenteuer, Sport, Natur - alles zusammen! Ein Urlaub nach ihrem Geschmack! Die schöne Schlanke leckte sich in heller Vorfreude die kirschroten Lippen.
Zu erwartende Naturschönheiten ließen ihr die katzengrünen Augen übergehen. Sie würde einen malerischen Nationalpark erkunden. Zahlreiche, donnernde Wasserfällen und sprühende, in allen Regenbogenfarben funkelnde Wassertröpfchen würden ihre heiße Haut kühlend benetzen! Sie würde zu grau und silbern schimmernden, seltsamen Mondkrater-gleichen Felsformationen wandern! In natürlichen Teichen würde sie baden und sich einer natürlicher Hydromassage hingeben. Unter Palmen würde sie danach entspannt liegen und die Seele baumeln lassen. Weites, exotisches Land, farbenprächtige Blumen und plätscherndes Wasser würden ihre Sinne verwöhnen.
Ah!
Der Besuch einer Kristallmine bereicherte ihre Planung. Ein Geheimnis blieb, welche Edelsteine sie hier finden könnte. Diamanten? Rubine? Smaragde? Halb so schlimm. "Auf jeden Fall schwere, schwarze Steine," vermutete Beate.
Im Wasserfall von Água Fria würde sie sich über 135 Meter in zwei Etappen abseilen können. Fast wie vom Berliner Funkturm. Ein angenehm-gruseliger Nervenkitzel.
Die Aussicht auf exotische Tiere in dem tropischen Regenwald ließ ihr Herz pochen. Tukane, die bemerkenswerten Verwandten der Spechte, mit ihren mächtigen, bunten Schnäbeln würde sie beobachten. - Nandus, die größten Vögel Südamerikas, die Laufvögel, die mit ihren kräftigen Beinen schneller als Rennläufer durch die Pampas fliegen, wären vor ihren Augen nicht sicher. Vielleicht bietet ein Nandu gar eine imposante Tanzdarbietung und balzt? - Die aasfressenden Geier, die auf Überreste von Raubtiermahlzeiten oder die Fischreste aus den Kochtöpfen der Menschen warten, werden von ihren gierigen Blicken nicht verschont bleiben. Was gibt es alles für traumhafte Fotomotive!
"Ich werde Unmengen Filme mitnehmen," dachte sich die Urlaubsplanerin.
Mähnenwölfe mit überlangen schwarzen Beinen, Tiere, die keine Wölfe, sondern mit ihrem zimtfarbenen Fell und spitzen Schnauzen Füchsen oder Wildhunden ähneln, würde sie heulen hören und über ihren ungewöhnlichen Paßgang und schaukelnden Körperbewegungen wie vom Kamel staunen. Das wäre ja toll, wenn einer auch seine Rückenmähne aufrichtete! - Den mit seiner langen, klebrigen Zunge Ameisen- und Termiten-fressenden Ameisenbären, das große Tier mit dem recht kleinen Kopf, in seinem grauen, groben, langhaarigen, am Schwanz buschig werdenden Pelzkleid, das einen auffallenden, weiß gesäumten schwarzen Streifen von der Kehle über die Schultern bis zum Kreuz hat, würde sie hoffentlich erspähen. - Sein naher Verwandter, der gepanzerte Säuger Riesengürteltier ist ebenfalls dem äußeren Anschein nach zahnlos. Dabei hat es bis zu hundert Zähne, die allerdings zurückgebildet sind. An den Vorderbeinen prangt jeweils eine riesige, gebogene Kralle, die größten Krallen im Tierreich! Dies sind seine Spaten, mit denen das Tier Ameisennester und Termitenhügel aufbricht. Oder es gräbt sich damit eine Wohnhöhle, wo er tagsüber schläft. "Ob das Biest mich damit angreift," überlegte Beate und informierte sich weiter: Als gefährliche Waffen benutzt das Wesen die Krallen höchstens zur Notwehr, wenn es sich in die Enge getrieben fühlt. - Nach den friedlichen, kleinen, aber kräftig gebauten Verwandten des Rhinozerosses Tapire würde sie spähen, diese Pflanzenfresser, die das Grünzeug - bis zu den Knien im Wasser stehend - abfressen. Manchmal steht ein Tapir auch senkrecht auf dem Schwanz im Flachwasser und läßt nur den Kopf herausschauen. "Muß komisch aussehen," grinste Beate. - Das sehr scheue, aber ebenso friedliche und ruhige Capivara, zu deutsch: Wasserschein, ist ein mit seiner dem Wildschwein vergleichbaren Größe das größte Nagetier der Welt. Die kastanienbraunen bis rötlichen ausgezeichneten Schwimmer bewegen sich in Gruppen von zwei bis vierzig Tieren. Mit viel Glück wird die neugierige Beate ihnen begegnen.
Sogar zwei neue Affenarten wurden in der Gegend von einem Holländer entdeckt, die eine mit orangefarbenem Backenbart wurde zu Ehren des begeisterten Naturforschers Oranje-Prinz Bernard der Niederlande benannt. Beate schmunzelte. Dann erfuhr sie einen ernsten Hintergrund: Die Entdeckung der neuen Primaten dienten auch als Druckmittel, die brasilianische Regierung zur Einrichtung neuer Regenwald-Schutzgebiete zu bewegen.
Beate sog alle Informationen wie ein trockner Schwamm in sich auf. Eine ganze Woche lang wird sie von ihren Mutterpflichten befreit sein und tun und lassen können, was sie will.
Vielleicht konnte sie sogar Fliegende Untertassen erblicken, wenn man Gerüchten glauben darf, und ruhige Energie tanken!
Die kleine Tochter Janine versorgte in ihrer Abwesenheit die Oma.


Als Beate nach ihrer einwöchigen Safari zurückkehrte, sprudelte sie über vor Glückseligkeit. Die Augen blitzten blank vor Freude wie ein Feuerwerk. Sie sprühte vor Kraft.
Eine unbeschwerten, traumhaften Urlaub hatte sie verbracht und sich bestens erholt. Ein bißchen hatte die Reisegruppe zwar mit den Mücken zu kämpfen - auch tagsüber, aber ansonsten: Tolles Wetter. Viel gesehen und gehört. Eine Million Fotos mitgebracht. Und zwei glühende Verehrer hatte Beate gewonnen, den Arzt Peter Schmidt und den Künstler Ralf Riese. Sie war noch hin- und hergerissen, welcher Mann ihr besser gefiel.
Glücklich umarmte Beate ihre kleine, dreijährige Janine, die ihre Mutter gar nicht mehr loslassen wollte.
Noch am selben Abend erreichte Beates Mutter ein Anruf. Sie konnte kaum die Stimme verstehen. Ihre hochfiebernde Tochter hauchte in das Telefon: "Mama, kannst du kommen?"
Die nun lichtscheue Beate wälzte sich unruhig mit 40° Fieber; sie klagte über Kopf- und Bauchschmerzen und schüttelte sich immer wieder vor Kälte. Ihr war kotzübel. Drei Tage stand die Mutter Todesängste aus; dann erholte sich Beate. Sie schien eine Grippe überstanden zu haben. Sie rief ihre beiden neuen Freunde an; auch diese kämpften mit exorbitant hohem Fieber. Und nicht nur sie, sondern auch die übrigen acht Expeditionsteilnehmer.
Nach zwei Tagen packte Beate ein erneuter Fieberanstieg. Sie wurde gelb, sie bekam Krampfanfälle. Sie erkannte die Mutter nicht mehr. Ihr Herz schlug viel zu langsam. Sie ließ kaum noch Harn. Sie erbrach Blut. Das war keine normale Grippe, befand die Mutter und lieferte die Tochter ins Krankenhaus ein. Die Ärzte diagnostizierten Buschgelbfieber, das Gelbfieber der Wildtiere.
"Der Vektor, also der Überträger des diese Krankheit verursachenden Virus, ist eine Mücke," erklärten sie. "Normalerweise wird die Krankheit durch das Insekt von Affe zu Affe übertragen. Der Mensch angelt sie sich, weil unerschlossene Dschungelgebiete von ihm erschlossen werden. Dadurch kommt er mit den von den Biestern beim Stechen übertragenen Viren in Berührung, die normalerweise nur in den Affen wohnen," erklärten sie nüchtern der besorgten Mutter. "Das ist heimtückisch für den Menschen und für die Infizierten fatal. Wir haben keine Medikamente gegen das Buschgelbfieber. Wir tun aber alles, um den Körper in der Abwehr zu unterstützen. Der kranke Mensch schafft es." Und nach einer kurzen Pause, gemurmelt: "Oder nicht."
Die Mutter bekam eine Gänsehaut. Erneut stieg Todesangst in ihr auf. Sie klapperte mit den Zähnen. "Wieviel Chancen hat sie durchzukommen?" fragte sie bang. Die Ärzte seufzten tief und schauten bekümmert. Sie rückten mit der Wahrheit heraus: "Vielleicht fünfzig Prozent."
Neun Expeditionsteilnehmer kamen durch. Beate und der junge Arzt Peter Schmidt vereinten sich nach einer Woche furchtbarer Pein und heftigster Todeskämpfe im Himmel. Der Tod hat Beate die Qual der Wahl zwischen ihren beiden Verehrern abgenommen.
Mutter und Janine konnten es nicht fassen und weinten bitterlich.

Angelika Paul

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